Iran

Karten und Reiseführer

Für alle, die ebenfalls überlegen in den Iran zu fahren, hier eine Übersicht über Bücher, Karten und Reiseführer.

Die deutschsprachigen Reiseführer für den Iran sind überschaubar.

Peter Kerbers IRAN – Islamischer Staat und jahrtausendealte Kultur ist eines von drei deutschsprachigen Büchern, die ich mir zugelegt habe. Hier finden sich neben Hintergrundinformationen, schönen Alternativrouten auch Tipps für Hotels oder Homestays. Dieses Buch habe ich leider verloren, vielleicht kommt es ja noch zu mir.

DuMonts Reiseführer Iran ist eine interessante Quelle für Hintergrundinformationen, enthält aber wenige Reisetipps und ist daher eher für die Rentnerreisegruppe als Grundlage zum Klugscheißen empfohlen.

Von den Lonely Planets für Iran hatten wir die fünfte und sechste Auflage als pdf. Die haben sich auch bewährt, wobei mir das Layout der alten Auflage besser gefiel und Hotels etc. wie so oft auch Geschmackssache sind. Zur Orientierung für Bus und Zug und Flugverbindungen auf jeden Fall gut geeignet. Bei den Preisen muss man die absurde Inflation berücksichtigen. Daher sind etliche Hotels billiger als dort angegeben.

Bei den Karten würde ich Freytag Berndt Autokarten, Iran – Maßstab 1:1 500 000 empfehlen, weil sie trotz gleichen Maßstabs detaillierter ist als die Reise Know-How Landkarte Iran.

Eine gelungene Ergänzung zu den üblichen Reiseführern stellte im Übrigen das folgende Buch dar, welches schon mal einen ersten Eindruck vermittelt welche Erfahrungen man im Iran sammeln kann:

Iranian Rappers and Persian Porn von Jamie Maslin

Iran? Wirklich? Warum das denn?

Vermutlich wurde jede/r in den Iran reisende, nicht nur einmal gefragt, wie sie/er denn nun ausgerechnet darauf gekommen sei. Nun, in meinem Fall, war es die Empfehlung einer sehr guten Freundin, die als Zwischenfazit ihrer Weltreise den Iran hervorhob. Also: Schuld ist also Katharina, die meine Neugier geweckt hat. 😉 Danke!

Da ich mich bis dahin nicht weiter mit dem Iran befasst habe, begann ich erstmal damit Vorurteile zu hinterfragen und zu spannenden Erkenntnissen zu gelangen.

No. 1: Der Iran ist nicht nur Wüste. Es gibt im nördlichen Teil einen Streifen zwischen Elborz-Gebirge und Kaspischem Meer, wo Tee und Reis angebaut wird und der quasi komplett grün ist.

No. 2: Die Vorbehalte gegenüber Amerika kommen nicht von ungefähr sondern haben ihre Ursachen in der jüngeren Geschichte beider Staaten (und Amerika ist dabei nicht das Unschuldslamm). Dazu aber später in einem eigenen Eintrag mehr.

No. 3: Da Iran auf Grund der Darstellung in den Medien, trotz seiner beeindruckenden Kultur und Natur nicht das Reiseland Nummer eins ist, scheinen allen Berichten zu Folge die Iraner/-innen Tourist/-innen sehr aufgeschlossen gegenüber zu sein.

No. 4: Die Reisesicherheit ist im Iran deutlich höher als gemeinhin angenommen wird. Wenn man bestimmte Gebiete vermeidet (Minenfelder an der iranisch-irakischen Grenze, Drogenschmuggelgebiet an der Grenze zu Afghanistan) ist man wohl auf der sicheren Seite. Die größte Gefahr geht dem Lonely Planet und anderen Quellen zufolge vom Autoverkehr aus (34,1 Verkehrstote pro 100.000 Einwohner/-innen (Deutschland 4,7)).

Also scheinbar unterscheidet sich der Iran, deutlich vom Bild in den westlichen Medien. Da die Temperaturen in den Sommerferien nicht so sind, dass man entspannt durch den Iran reisen kann, habe ich als Zeitraum die Osterferien ausgewählt. Zusammen mit dem 1.Mai kommt man auf 3,5 Wochen, was für einen ersten Eindruck wohl ausreicht.

Durch das Studium diverser Reiseführer vorbereitet geht es also am 11.4. los. Geplant ist eine Mischung aus Übernachtungen über Couchsurfing.com und spannenden Hotels, Eco-Lodges, Homestays.

Tag 1:Teheran und Qeshm oder Theorie und Praxis

Früh um vier in Teheran zu landen ist erstmal gar nicht so blöd wie es klingt. Der Flughafen ist nicht so voll und es gibt alles was man so braucht. Mobiles Internet (SIM-Karte mit 500 SMS, 1h Inland und 1GB Internet und für 1,2€). Geld (zu nem guten Kurs (1:41800) d.h. wir sind Millionäre). Auf zum anderen Flughafen um zu sehen ob man einchecken kann oder Gepäck aufbewahren. Bus ist nicht so einfach zu finden gewesen, Taxi ist mit 12€ für eine halbe Stunde Fahrt auch okay. Der Verkehr in Teheran ist erwartungsgemäß crazy. Aber selbst der Taxifahrer war stellenweise irritiert vom Verhalten der vor uns fahrenden.

Für die Gepäckaufbewahrung gibt es am Mehrabad International Airport eine kleine Hütte draußen hinter den Taxis namens Left Luggage Center. Wenig vertrauenserweckend, trotzdem überlassen wir dem Mann unsere Rucksäcke.

Dann mit dem Taxi in die Altstadt zum Golestan Palast. Der Vorteil der noch leeren Stadt wurde dann schnell aufgewogen durch den Umstand das alles noch geschlossen war.
Bis um neun. Na gut also zur Straße mit der Deutschen Botschaft und den Geldwechslern und dem angekündigten einzigen Visa-Automaten Irans. Letzterer war nicht zu finden, vorletztere waren geschlossen und erste hat Freitag und Sonnabend Ruhetag, so dass die uns auch nicht bei der Suche helfen konnten.
Dann zurück, kurz gewartet und schon war es neun und wir konnten uns den schönen Park des Golestan Palast und selbigen von außen ansehen.
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Danach ein Spaziergang über den Basar, der leer war und wenig aufdringliche Händler hatte.
Nach einem Mittag in einem traditionellen Restaurant haben wir uns auf die Metro eingelassen, uns verfahren und dann immer noch rechtzeitig unseren Flug nach Qeshm erreicht.

Angebot und Nachfrage oder Theorie und Praxis
Mr. Zobeiri vom Gepäck war zwar so nett uns zu sagen, dass wir bis Shibderaz vom Flughafen nur 15.000 Thoman zahlen sollen, aber wenn das Angebot an Passagieren die Zahl der wartenden Taxis übersteigt kann man schlecht verhandeln.

Farsi oder freut man sich doch über andere Traveller
Ein erster Ausflug zum Strand brachte neben einem erfrischenden Bad, die Einsicht das nicht nur die junge Frau, die uns im Homestay in Empfang genommen hatte kein Englisch spricht sondern auch der junge Mann der am Strand die Schildkröteneier bewacht. Daher konnte er uns auch nicht so viele Informationen über die Tiere geben.
Englisch scheint auf dieser Insel nicht so weit verbreitet.
Umso erfreuter waren wir dann doch im Homestay auf andere englischsprachige zu treffen.
So erfuhren wir von einem jungen Mann aus Kattovice dass sich ein Ausflug nach Kerman lohnt, da es dort günstige Drogen zu kaufen gibt.
Pirkko (aus Deutschland) und Nima(aus dem Iran aber in Deutschland studierend), Saed und Leila und Nimas Schwester sprechen sowohl Farsi, Englisch als auch Deutsch.
Dies erwies sich als hilfreich um einige Fragen zu klären
1. T-Shirts sind doch okay für Männer.

2. Beine ausstrecken stört nur ältere.
3. Barfuß in Sandalen ist auch okay.
Am Abend konnte ich dann doch noch eine
Karettschildkröte bei der Eiablage beobachten. Sehr spannend. Da ich es da mal geschafft hab Michels Kamera auch dabei zu haben gibt es die Bilder erst später.
100 Stück. Viermal im Jahr. Und nach dem Verbuddeln gräbt sie noch ein Loch zum irreführen der Tiere die sonst versuchen die Eier zu fressen.
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Das Homestay bei Mrs. Fattahi vermittelt einem einen Eindruck vom Leben auf der Insel außerhalb der Hotels. Die ganze Siedlung wirkt etwas trist, was vor allem an den nicht fertig gestellten Häusern liegt. Timesharing? Es ist insgesamt erwartungsgemäß eher basic. Neben Klopapier sollte man Ohrstöpsel(wegen der Klimaanlage, die immer mal denkt die sei ein LKW) und eine Fliegenklatsche oder ein Moskitonetz mitbringen.

Was eher nich so läuft, auf dieser Insel ist Internet. Es gibt einfach keines, zumindest nicht mobil. Daher kommt der erste echte Eintrag erst jetzt.

Tag 2: Qeshm oder der geplatzte Ausruhtag

Entgegen der ursprünglichen Planung von Ausruhtag für Pelz (in Ermangelung von Schatten, Grün und erträglicher Temperaturen) und Delphinausflug für mich, hatten wir uns entschlossen mit der Schwedin und der Finnin zum Harra-Mangrovenwald zu fahren. An sich ganz okay, aber die beschriebene 1,5% der Weltvogelpopulation war nicht mehr anwesend.
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Da die beiden anderen erst nachmittags nach Qeshm City mussten hatten wir noch Zeit für einen Versuch die Delphine zu sehen. Allerdings scheiterte dieser schon am Hafen, wo uns die Fischer schon erklärten:“Dolphin no! „Also weiter nach Laft einem schönen alten Fischerdorf mit alten Brunnen und schönen Booten.
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Danach versuchen unserem Fahrer zu erklären das wir gerne zu der Werft wollen. Nach dem wir beinahe auf der Autofähre zum Festland gelandet wären, kamen wir doch noch zur Werft auf der die schönen Boote in der Glasfaservariante gebaut wurden. Sehr schick und im Vergleich zu Booten in Deutschland sogar bezahlbar.
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Da immer noch Zeit war sind wir in das Tal der Sterne gefahren, welches mit wunderschönen Erosionsformen aufwarten kann. Ein sehr schöner Spaziergang durch die einsamen Schluchten, eine herrliche Aussicht darüber hinweg und dann husch zurück ins klimatisierte Auto.
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Weiter ging es nach Kharbas wo ein Höhlensystem auf uns wartete (auch hier waren wir erst alleine) was auch ganz hübsch war. An dieser Stelle lernten wir das es entgegen anders lautenden Ankündigungen sehr wohl Bakschisch gibt (unser Fahrer war nämlich der Überzeugung das die Eintrittspreise unangemessen seien und daher verhandelte er jedes Mal für uns.
Im Anschluss ging es dann nach Qeshm City (mit einer Runde im Auto um das „viel zu teure“ portugiesische Fort) um die Damen zum Hafen zu bringen.
Das Geldwechsel in der Mall bot einen deutlich schlechteren Kurs als auf dem Festland. Außerdem offenbarte sich dabei ein weiteres Problem: nahezu alle anderen Läden hatten Mittagspause. Das heisst auch das Internetcafe war zu. Schade. Als wir doch noch eins fanden, wo jemand da war, erklärte der uns, dass bis um fünf das Internet ausgeschaltet ist. Ich hoffe, ihr wart nicht betroffen.
Also zurück nach Shibderaz und dann einen entspannten Abend mit leckerem Essen und einem kurzen Verlaufen in dem Dorf mit 200 Häusern auf dem Weg zum Shop.
Da ich Michels Kamera (ebenso wie mein Monokular(hatte ich zum Vögel gucken dabei, aber es waren ja eh keine da) vorsichtshalber zu Hause gelassen hatte gibt es jetzt Handyphotos.

Tag 3: Qeshm oder www.myassishurting.com

Der Tag begann mit persischem Frühstück (ein Leben ohne Nutella ist möglich aber sinnlos):
Frischkäse
Fladenbrot
Marmelade (unklarer Herkunft)
Ei
süßes Brötchen
Dann stand der Rest vom Geopark auf dem Programm.
Der Geopark-Manager hatte uns erklärt, dass die Tour dort auch nur auf Farsi stattfindet. Daraufhin hatten wir uns am Vortag entschieden unseren freundlichen Fahrer Abdullah für um zehn zu bestellen. Er war um neun da. Da das für halb zehn bestellte Frühstück auch um neun fertig war, konnten wir um halb zehn schon starten.
Diesmal immerhin mit Kamera ausgestattet und mit Handtuch und Badehose machten wir uns auf den Weg zu den Delphinen. Gemeinsam mit einer lustigen iranischen Familie fuhren wir sehr schnell mit dem Boot in Richtung Hengam (einer der Männer flüsterte mir ins Ohr: my ass is broken und später, als sie meine Mailadresse haben wollten: myassishurting.com). Kurz und gut: weit und breit keine Delphine. Dafür Silver Beach auf Hengam: ein Strand mit glitzernden Mineralien, wo wir dann auch trotz der anwesenden Frauen baden gingen (in Absprache mit den Männern). Sehr erfrischend. Hengam selbst sieht einer Mondlandschaft sehr ähnlich.
Dann zurück mit einem kurzen Stopp zum Fische gucken. Schick.
Weiter ging es zum Tandisha Valley, wo scheinbar auch Abdullah zum ersten Mal war. Das Tal ist umgeben von sehr beeindruckenden Steinformationen. Sehr schick und auch mondähnlich.
Bei der nächsten Sehenswürdigkeit wartete ein netter alter Mann, der uns durch den Cha Kuh Canyon führte. Eine vom Wasser ausgewaschen Schlucht mit sehr schönen Wänden und einer Quelle mit kaltem, klarem Wasser.
Im Anschluss gelang es mir unseren Fahrer doch zum Namakdan Salzdom zu fahren. Den Skandinavierinnen hat er es noch ausreden können. Meine Idee war auch eigentlich die Straße an der Südküste entlang zu fahren, weil es dort sehr schöne Strände geben soll. Es stellte sich heraus, dass diese Straße das eigentliche Problem darstellte weshalb er nicht zur Höhle wollte. Der Salzsee, die Höhle und die Strände (z.T. mit Kameln) waren aber so wunderschön, dass ich froh war, ihn, das Auto und uns über die Straße gequält zu haben.
Also noch einmal rin in den Persischen Golf, an einem gottverlassenen (ähh sehr einsamen) Strand. Dann die Strecke wieder zurück und noch einen Abstecher zu einer Werft, die die schönen Boote ganz aus Holz baut. Sehr hübsch und wohl genauso teuer wie die Glasfaservariante.
Zurück nach Shibderaz, wo sich unser Homestay als weniger günstig herausstellte als geplant. Mit dem günstigeren Taxi statt der 100€-pro-Person-Geopark-Tour kam es dann wieder aufs selbe hinaus.

Tag 4: Bandar Abbas or just say yes.

Heute stand der Weiterflug von Bandar-Abbas nach Shiraz an. Da der erst um halb eins in der Nacht stattfand, hatten wir jede Menge Zeit bis dahin. Einiges davon haben wir im Park verbracht, wo es nicht ganz so ätzend heiß war. Da das Restaurant bei dem wir um sieben etwas essen wollten erst um neun aufmachte, machten wir uns auf den Weg zum Einkaufszentrum um Pelzs Telefonkarte zu laden. Auf dem Weg dorthin kam ich ins Gespräch mit einem jungen Mann, der uns erst half die Telefonkarte aufzuladen und uns dann zum Essen zu sich nach Hause einlud. Er kochte Thunfisch mit Zwiebeln und Soße und Brot, erzählte uns über seine Familie, seine Sicht auf das Land und die Welt. Sehr spannend.

Tag 5: Shiraz oder let’s go to the mall

Tag 5 begann nicht dort wo Tag 4 endete, sondern in Shiraz, wo wir um 1:30 landeten und von dort mit dem Taxi in einen Vorort zu unserem ersten Couchsurfing-Gastgeber fuhren. Ali war tatsächlich noch wach, so dass wir noch ein wenig erzählten. Er hat noch 3 Brüder und 2 Schwestern, wobei alle zur Uni gehen (konnten). Von den sechsen wohnt er und sein kleiner Bruder noch zu Hause (quasi als Wg mit seinen Eltern, da er auch Miete zahlt). Ali hat Informatik studiert und vor für seine Promotion an die Uni nach Illinois zu gehen. Da er sehr gut Englisch spricht und einen ähnlichen Humor hat, ist es wirklich lustig und deutlich einfacher sich zu verständigen als auf Qeshm. Er hat sich für die zwei Tage ganz für uns Zeit genommen.
Wir verabreden also für den Morgen nach Persepolis zu fahren.
Gesagt, getan. Nach einem gemeinsamen Frühstück und einem Abstecher in die Stadt (den Flug vom Vorabend im Reisebüro bar bezahlen und Geld tauschen (1:43400) fuhren wir gemeinsam mit dem kleinen Bruder zur Partystadt des alten Perserkönigs (Darius der 1.,520v.Ch.). Leider war Alexander der Große vor uns da und hat große Teile zerstört. Die Reste sind jedoch immer noch imposant. In Persepolis trafen wir zum ersten Mal auf eine deutsche Reisegruppe, die zu weiten Teilen aus Rentner/innen bestand und uns im Laufe des Tages noch öfter begegnen würde.
Auf einem Berg neben der Festanlage befinden sich mehrere Grabstätten, die aus dem Berg herausgemeißelt wurden. Ebenfalls sehr beeindruckend.
Viel beeindruckender war jedoch jedoch die weitgehende Abwesenheit von Tourist/innen. In jedem anderen Land der Welt (vielleicht außer Nordkorea) wären hier wohl Unmengen an Touris. Hier gibt es nur ein paar versprengte und ein paar Einheimische.
Dann zurück in die Stadt, Limoneneis essen und den Basar bewundern. Letztlich der Vorläufer der Malls. Viele schöne Kunsthandwerksachen, die ich mir aber doch nicht zu Hause hinstellen würde und vor allem nicht 3 Wochen durch die Gegend schleppen will.
Im Anschluss schauten wir noch bei Hafis Mausoleum vorbei, ein Dichter des 14.Jhds. der aber immer noch von der Bevölkerung verehrt wird, so dass in seinem Garten unglaublich viel los war. Da würden Goethe und Schiller blass vor Neid, wenn sie das sehen würden.
Wiederum mit dem Taxi (wie eigentlich immer, wobei fast alle Autos auch Leute für Geld transportieren) ging es zu einem guten Restaurant, dessen Karte neben viel internationaler Küche auch persische Gerichte auf der Speisekarte hatte, die allesamt sehr liebevoll präsentiert wurden (Pilzsuppe in einem Laib Brot) Pelz und ich entschieden uns für Spaghetti Carbonara. 🙂 Nee es gab Kebab mit Hähnchen oder Lamm. Sehr lecker.
Nach dem Essen verbrachten wir den Rest des Abends zu Hause mit plauschen und Xbox spielen und Musikfernsehen über Satellit gucken. Das machte angesichts der sehr spärlich bekleideten Damen auch direkt ein weiteres Grundprinzip klar: was innerhalb der eigenen vier Wände passiert, ist privat und hat ggf. nichts mit den Vorstellungen der Regierung oder anderer Moralwächter/innen zu tun. Das erklärt z. T. auch die allgegenwärtigen Mauern um die Häuser, eine andere Erklärung war jedoch das Bedürfnis konservativer Väter ihre Frauen und Töchter vor ungebührenden Blicken zu schützen. Es wirkt allerdings schon lustig wenn als erstes die Mauer gebaut wird und dann das Haus. Vor allem weil auf Grund der schlechten ökonomischen Situation etliche Baustellen nicht fertig gestellt werden.
Spannend waren die Einschätzungen zur Armee (Männer müssen nach dem sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben für 2 Jahre zur Armee, was fast alle als verschwendete Lebenszeit gesehen haben), zum Hijab (der Schleier, der auch in diesem Haus als überflüssig angesehen wird) und zur Erziehung von Eltern zu liberalen Ansichten (dringend nötig in einer Gesellschaft, wo eine 29 jährige die Erlaubnis ihrer Eltern braucht, wenn sie sich mit einem jungen Mann treffen will und wo Eltern ihrem Sohn sagen, dass entweder er sich selbst jetzt eine Frau zum Heiraten sucht oder sie suchen ihm eine).
Alis Eltern haben eine lustige Waschmaschine, bei der Waschtrommel und Schleuder getrennt aber in einem Gerät sind. Die Waschtrommel the wird zudem offen gelassen und und der Spülvorgang ist per Hand zu erledigen. Dafür ist sie klein und leicht.

Für den nächsten Morgen haben wir uns mit Sina (einer jungen Frau, die uns zur Stadtrundfahrt und zum Eis eingeladen hat) und Ali zum Wandern verabredet.

Tag 6: Shiraz oder I am a Problem oder Trüffel mit Ketchup (taroof or not taroof)

Wir sind also um halb sechs aufgestanden um auf den Vater aller Berge zu klettern. Das fing ganz gut an, bevor wir dann doch auf den einfacheren Weg ausweichen mussten, weil Sina unfallbedingt nicht so gut zu Fuß war. Praktischerweise benutzte sie die Wanderstöcke, die Ali mitgebracht hatte nicht, so dass ich diese auf dem Rückweg nehmen konnte als mein Knie wieder anfing sich über bergab laufen zu beschweren. Sina hat nach ihrem Studium in der Molekularbiologie gearbeitet, für umsonst um dann mit auf dem Paper aufzutauchen und dann ist ihr Chef weggegangen und hat sie nicht mitgenommen. 🙁 Jetzt würde sie gerne ins Ausland gehen um dort umsonst zu arbeiten…
Nach einem entspannten Frühstück auf dem Berg mit Ruhe, einer frischen Brise und einer herrlichen Aussicht über Shiraz, machten wir uns zum Sound von Dota und den Stadtpiraten (Do you have German music on your phone?) auf den Weg hinab.
Eine weitere hübsche Grabstätte des Dichters Baba Kuhi versuchen Religiöse gerade in eine Pilgerstätte umzuwandeln. In der Nähe treffen wir auf eine Deutsche, zwei halbe Iraker und jeweils einen halben Deutschen und einen halben Franzosen. Die drei haben dort genächtigt (im Gebetsraum) und waren als wir kamen gerade mit rumhängen beschäftigt. Dabei haben wir sie tatkräftig unterstützt. Im Zuge dessen bekamen wir Dattelschnapps angeboten (50% und ggf. 80 Peitschenhiebe), wobei auch Ali uns am Abend zuvor Wein angeboten hatte (siehe die „eigene vier Wände“-Regel).
Der Halb-Franzose (Dauertraveller) meinte, dass er gerade den Namen seiner hypothetischen Autobiographie gefunden habe:“ I’m a problem!“. Ein wirklich lustiger Typ, der in Frankreich aufwuchs und aber auch 2,5 Jahre durch den Iran gereist ist. Er hatte eine spannende Antwort auf eine meiner Standardfragen nach dem für ihn schönsten Ort im Iran: je nach Jahreszeit: Shiraz im Frühling, der Persische Golf im Winter, die Berge und das kaspische Meer im Sommer. (Lieblingsort in Deutschland gerne in die Kommentare :-), ich glaube meiner ist der Blick auf den Eibsee vom Berg aus).
Der Besitzer, der schon den dreien Obdach gewährt hatte, hatte am Morgen Trüffel gesucht und lud sie und uns jetzt dazu ein. Damir kommen wir zu einem weiteren Problem: was ist ernst gemeint an Angeboten und was nicht. Es heißt taroof und die Höflichkeit gebietet, dass man Geschenke 3mal ablehnen muss, bevor man sich sicher sein kann, dass sie ernstgemeint sind. Man kann versuchen zu fragen, ob es sich um taroof handelt oder nicht, aber die Höflichkeit gebietet natürlich das zu verneinen. Also nicht ganz so einfach. Aber als wir aufbrachen und auch Ali keine Anstalten machte uns zu sagen, dass wir dem guten Mann doch Geld geben sollten, bedankten wir uns ganz herzlich und verließen die anderen. Zuvor hatte Ali Ruth und Azad(die auch aus Berlin kommen) noch angeboten ebenfalls bei ihm zu übernachten (außerdem angekündigt war noch ein Japaner), das versprach ein lustiger Abend zu werden.
Vorher gingen wir aber noch in die Eisdiele (Vater des Eises) und wurden dort prompt auf Deutsch begrüßt. Der Besitzer hat in Hamburg Informatik studiert, was bei Sina und Ali die Frage aufwarf, warum in aller Welt er zurück gekommen ist. Das Eis war eine Spezialität des Hauses: Safran, Schokolade und Vanille und in der Tat ganz lecker.
Zur Frage des Hijab sagte Sina, dass sie ihn blöd finde, es aber schätze dass ihre Familie ihr Freiheiten lässt (zum Beispiel mit uns Wandern) und sie ihn daher trage, quasi als Entgegenkommen ihrerseits.
Wir verabschiedeten uns von Sina und fuhren für eine Dusche und einen Mittagsschlaf zu Ali.
Eine der Hauptattraktionen von Shiraz sind die verschiedenen Gärten, die in ihrer Gesamtheit der persischen Gärten zum Weltkulturerbe zählen. Diese ohnehin schon schönen Eindrücke wurden ein wenig in den Hintergrund gedrängt, da wir die Gelegenheit hatten Alis Verlobte Sana kennenzulernen. Nachdem sie erklärte, dass sie nicht mit klettern gehen könnte, weil sie Englischunterricht hatte, konnte sie sich auch nicht mehr angeblich nicht vorhandenen Englisch-Kenntnissen verstecken.

Wir besuchten gemeinsam den Eram Garten und den Jahannama Garten, fragten sie über Kennenlernen und Hochzeitspläne aus und waren höchst erfreut, als wir hörten, dass sie trotz vorgerückter Stunde mit uns zum Abendessen kommen durfte (ihre Eltern bedürfen noch der Erziehung).
Wir fuhren also zum Hyperstar, einer riesigen Mall, mit einem Supermarkt, der fast alles bot um Nudelauflauf mit Brokkoli und Hähnchen usw. zu machen. Alles bis auf Brokkoli. (Ansonsten erinnert der Supermarkt an die aus Frankreich, also riesig und in Vorbereitung des Wochendendes auch voll. Zur Entlastung der Frau gibt es in vielen Haushalten Fast-food, wie Pizza, am Wochenende.
So kochten wir mit den inzwischen eingetroffenen anderen drei, dem Bruder und einem Freund. Ein wunderbarer Abend ohne Hijab dafür mit Gitarre und Xbox und internationalem Plausch.

Eine lustige Vorstellung, so was in der Wohnung meiner Eltern zu veranstalten. Alis Freund betonte nochmal das viele Iraner/innen keine richtigen Moslems seien sondern nur so tun als ob, um nicht anzuecken oder um bessere Jobs zu bekommen.
Wir stellten zudem den Ländervergleich hinsichtlich des Durchschnittsalters an und stellten fest das Iran mit 27 Jahren deutlich besser dasteht als Deutschland (43) und Japan (44). Eine mögliche Ursache dafür mag eine höhere Gefährdung älterer Menschen im iranischen Verkehr sein.

Tag 7: Yazd oder Ausruhtag

Nach einem Frühstück war es Zeit Mohammad und die anderen zu verlassen und sich auf den Weg zu machen zum Busbahnhof. Die 7h Busfahrt nach Yazd führen durch wunderschöne Berge und der junge Mann hinter uns ist wie sehr sehr viele Menschen hier sehr freundlich und hilft uns wo er kann, schenkt uns Äpfel und zeigt uns besonders schöne Felsformationen. Er spricht zwar kein Englisch (und wir immer noch nicht Farsi) aber er strahlt eine besondere Offenheit, Aufmerksamkeit für seine Umwelt und Herzlichkeit aus, die diese Busfahrt so viel angenehmer macht (als sie ohnehin in diesem VIP-Bus mit Klimaanlage ist).

Tag 8: Yazd oder „die am besten investierten 25 Cent meines Lebens“

Zuerst noch zu unsrer Ankunft in Yazd und der bis dahin noch ungeklärten Frage der Unterbringung. Wir sind mit dem Taxi zum Hotel Laleh gefahren, wo ich versucht hatte im Vorfeld per Kontaktformular und per Telefon zu reservieren aber auf beiden Wegen gescheitert bin. (Wer das machen will kann z.B. Frau Farzamfar von Gashtour in Shiraz bemühen, die uns bei der Organisation unserer Flüge geholfen hat.) So haben wir kein Zimmer mit Balkon bekommen (dank der deutschen und australischen Reisegruppe) aber ein Zimmer im Keller was abgesehen vom leicht muffigen Geruch (der wenn man die Klimaanlage einschaltet auch nicht mehr so schlimm ist) wunderschön ist. Zudem ist es sehr günstig. Es gibt einen zauberhaften Innenhof (siehe oben) mit Grün und Springbrunnen auf dessen Terrasse wir nun sitzen und Safran-Tee trinken, schnelles Internet und die Luftkühlung durch den Windturm hinter uns genießen.

Am Abend sind wir noch durch die Altstadt spaziert und haben uns auf dem Nachhauseweg im Dunkeln ordentlich im Labyrinth der Gassen verlaufen.
Heute morgen haben wir uns dann, nach einem leckeren Frühstück mit Karottenkonfitüre, auf den Weg zu den Schweigetürmen im Süden von Yazd gemacht. Dort bestatteten bis in die 1960er die Zoroastrier ihre Toten und ließen sie von den Geiern in die Wüste verschleppen. Da sie weder den Boden verseuchen wollen und auf die Luft nicht verunreinigen, fielen Feuer- und Erdbestattung aus.
Diese Türme bieten wunderschöne Aussichten und sind dank des Windes auch nicht so heiß gewesen. Nachdem die zwei Reisebusse fort waren, waren wir quasi alleine. Unvorstellbar in anderen Ländern. Schade, aber auch schön. Der Eintritt betrug 25 Cent. Wie Pelz sagte, die am besten investierten unseres Lebens.

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Ein Effekt ist, dass die Menschen zu allen Touristen die kommen unglaublich freundlich sind. Viele freuen sich, viele begrüßen uns, fragen woher wir kommen, wie es uns gefällt und warum wir den Iran besuchen. Das alles mit einer sehr angenehmen zurückhaltenden Art, keine Verkäufer oder Taxifahrer die sich aufdrängen. Sehr angenehm.

Einmal quer durch die Stadt ging es dann zu einem sehr schönen Garten mit dem höchsten Windturm der Welt. Auch ein schöner Ort um sich zu erholen.
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Dann begaben wir uns auf die Suche nach einem Reisebüro um zu klären, ob wir nach Isfahan Zug oder Bus fahren wollen. Da der einzige Zug bereits um vier Uhr morgens fährt, haben wir davon Abstand genommen und setzen wiederum auf den VIP-Bus. Das Reisebüro gibt sich mit Busfahrkarten aber nicht ab. Ein Taxifahrer (mit deutschen Fahrgästen) hält an, weil wir in unseren Stadtplan starren und empfiehlt uns ein Reisebüro auf dem Weg zu allen anderen Sehenswürdigkeiten welches Bustickets organisiert.

Das „informative Wassermuseum“ ist leider geschlossen. Dafür gucken wir uns jetzt dann doch mal ein paar Moscheen an, wäre ja auch komisch aus dem Iran zu kommen und keine gesehen zu haben.
Ist auch tatsächlich beeindruckend.

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Das Reisebüro erweist sich als sehr hilfreich. Die hübsche junge Frau, die dort sitzt erklärt uns sehr freundlich und in gutem Englisch, das sie nicht gut genug Englisch spricht, organisiert dann aber ihren Chef der sich um alles kümmert. Sie haben auch gleich noch ein Taxi organisiert, was dann auch unsere Tickets mitbringt, so dass wir sie nicht heute abend abholen müssen. Kann mich nicht erinnern wann ich solches Mitdenken zum letzten Mal in Deutschland erlebt habe.
Vor dem aufziehenden Regen laufen wir weiter durch die Lehmmauern der Altstadt und stellen fest dass wir uns auch im Hellen hier verlaufen können.

Ansonsten ist der Unterschied zwischen Couchsurfing und Hotel doch extrem. So schön und erholsam es hier ist, so viel eingeschränkter ist der Kontakt zu den Menschen.
Daher noch eine Geschichte aus Bandar Abbas: der junge Mann, der uns dort zum Essen einlud antwortet auf die Frage nach dem Hijab mit einem Vergleich: Wenn alle Frauen unverschleiert wären, dann wäre es wie mit Sand am Meer, wenn aber nur eine das ist, dann wäre dies wertvoll wie Gold.
Hmm. Überzeugt mich nicht. Trifft vermutlich auch nicht ganz den Ton seiner Generation.
Er war jedoch auch der einzige, der ins Ausland gehen wollte, um dann zurückzukehren und einen besseren Beruf zu erhalten. Alle übrigen wollten dauerhaft auswandern.

Tag 9: Isfahan, die Nacht auf der Polizeistation oder die erste Regel des Couchsurfing

Die erste Regel des Couchsurfing lautet: Ihr redet nicht über das Couchsurfing. Zumindest im Iran. Denn dort ist Couchsurfing illegal.
Daher werde ich zukünftig auf Namen und Bilder von Menschen verzichten. Was schade ist. Aber angesichts der Geschichte, die wir gehört haben, wohl angemessen.
Nach weiteren Stunden im Bus erreichten wir Isfahan am Nachmittag. Unser Gastgeber holte uns am Busbahnhof ab, fuhr zur Wohnung seines Freundes und nach einem kurzen Begrüßungsplausch war klar, dass dies zwei lustige Tage werden würden. Wir wurden erstmal jedoch in die Sightseeing Spur geschickt. Haben uns den zweitgrößten Platz der Welt angeguckt und die umgebenden Moscheen sowie den Basar. Dort zeigte uns ein lustiger Mann, der aussah wie Don Camillo, das die Tuchwerkstatt seines Großvaters in beiden deutschen Reiseführern ist (inkl. Großvater). Er zeigte uns die Drucktechnik und wie die Naturfarben in einem Fluss in der Nähe und Dampf haltbar gemacht werden. Sehr hübsch.
Gleichwohl brauche ich weder Tischdecken noch Tücher. Dann noch durch die Gasse der Kupferschmiede schlendern und dann Mittagessen organisieren. Der eigentliche Plan Berjan zu probieren scheiterte an unserem Unvermögen das dem alten Mann zu kommunizieren und vermutlich auch an der Tatsache, dass wir zu spät kamen, da es sich um ein Essen handelt, dass auf Grund der Schwere nur Mittags gegessen wird.
Wir aßen also etwas anderes (vegetarisches), das wie so vieles eine lustige schleimige Konsistenz hatte, aber ganz gut schmeckte.
Im Anschluss machten wir uns auf den Weg zum Fluss und den Brücken. Die Brücken waren dort, der Fluss leider nicht. Der Fluss wurde gestaut, wobei nicht ganz klar war warum. Ggf. Für den Bau der U-Bahn, der wohl Schuld am ständigen Stau ist.
Sah aber trotzdem schön aus.
Apropos sah schön aus. Am besten sind ja oft die Bilder, die man nicht machen darf. Am Ende der Brücke stand ein junger Soldat mit Gewehr und in dessen Gewehrlauf steckte eine rote Rose. Dazu noch ein sehr freundliches Lachen. Aber er wollte leider nicht fotografiert werden. Da wir um nach Hause zu kommen ein Taxi brauchten und in Isfahan anders als bisher nicht sofort jemand anhielt und uns mitnahm fragten wir den Soldaten und den Polizisten in der Station, ob sie uns sagen können wo wir ein Taxi herbekommen können. Auch der Polizist war sehr freundlich und rief uns per Telefon ein Taxi und bat uns Platz zu nehmen. So saßen wir also in der Polizeistation. Pelz meinte, das wäre auch ein schönes Bild zum nach Hause schicken.
Zu Hause angekommen spielten wir noch ein wenig Backgammon mit unseren Gastgebern und ließen uns erklären warum die meisten Probleme mit Couchsurfing mit Deutschen entstanden. So war vor einiger Zeit ein Nazi zu Gast bei den beiden und benahm sich permanent daneben (Leute beleidigen, auf dem Basar klauen,…). Dann wollte er von Ali wissen, was „Ich liebe dich“ auf Farsi heißt. Unser Gastgeber erklärte uns dass er ihm eins reinwürgen wollte und ihm die Übersetzung von „Ich möchte Analverkehr mit Dir “ sagte. Durch falsche Betonung wurde dann daraus:“Ich möchte dir eine Rasierklinge in den Arsch stecken.“ Ich vermute die anwesende Mutter der jungen Frau wäre schon bei „Ich liebe Dich“ nicht begeistert gewesen, so schlug sie ihn mit ihrer Handtasche. Zwei junge Männer halfen dann auch noch nach die kulturelle Unangemessenheit zu verdeutlichen. Tja. Lost in translation.

Tag 10: Isfahan oder „Eine Moschee! Schnell, ich brauch eine Moschee!“ oder Lieber Staat

An Tag 2 in Isfahan wurden wir morgens von unserem Gastgeber zu den Überresten der Zoroastrischen Feuertempel gefahren. Auch dort hatten wir quasi VIP – Status und waren einen Großteil allein. Kann man sich dran gewöhnen. Aber immer noch schade.
Auch dort war es sehr schön. Ebenfalls auf einem Berg gelegen hatte man einen guten Eindruck von der Stadt.
Die sich anschließenden schwingenden Minarette (wenn eins schwingt, schwingt das andere auch) sind nicht mehr so beeindruckend, seit sie nicht mehr schwingen dürfen, weil der Bau sonst kaputt geht.
Nach einem kurzen Snack hab ich Pelz im Park zurückgelassen und mich auf die Suche nach Bustickets nach Kashan gemacht. Ich hab sämtliche Reisebüros abgeklappert (keine Bustickets, nicht diese Bustickets oder nach vier ist die Bus-Expertin nicht mehr da, erst morgen wieder). Erfolglos. Aber dafür landete ich beim berühmten Hotel Abbasi und folgte der Empfehlung dort im Hof einen Tee zu trinken. Dabei unterhielt ich mich mit einem netten Pärchen (deutlich jünger als der Schnitt der Gruppe) aus Sindelfingen, die mit Studiosus Usbekistan, Turkmenistan und Iran bereisten. Von denen stammt auch der Titel des Beitrags. Bei uns hielt sich das Moscheenhopping ja noch in Grenzen.
Wieder mit unseren Gastgebern vereint machten wir uns auf den Weg zum armenischen Quartier von Isfahan, eine Ecke der Stadt, die nicht nur echten Kaffee bietet (und ein gefaketes Starbucks) sondern auch eine  viel entspanntere Atmosphäre (buntere Kleidung, Hijab weiter hinten) und eine niedliche Architektur aufweist.
Ein Effekt der Kleidungsvorschriften (oder der Mode) dürften gesündere Frauenfüße sein, es gibt nämlich deutlich weniger hochhackige Schuhe als bei uns.
Einer unserer Gastgeber erklärte uns seine Lösung für das Problem mit zu konservativen Eltern, die ihre Tochter nur sehr selten raus lassen: er hat mehrere Freundinnen parallel, die nichts von einander wissen. Klingt aber auch eher anstrengend.
Die andere Lösung für das Problem mit jungen Frauen, die abends immer nach Hause müssen ist: einfach ohne sie Party machen. Klingt aber auch nicht ideal.

Aus dem Autoradio dröhnte am Morgen übrigens folgendes Lied:
Lieber Staat
Ich fühle mich so rundum wohl in dir
Lieber Staat
Es weht ein Wind von Freiheit hier
Du erklärst mir immer wieder, was erlaubt ist und was nicht
Lenkst mein Leben jeden Tag und bist furchtbar fürsorglich
Ach, was wär ich ohne dich

Danke, dass du mich regierst
Danke, dass du mich regierst
Und dass du mich nicht ignorierst

Lieber Staat
Gut, dass du weißt, was richtig für mich ist
Lieber Staat
Schön, dass du so ehrlich bist
Du willst immer nur mein Bestes und du gibst mir zu verstehn
Wenn mir irgendwas nicht passt, steht mir frei hier wegzugehn

Danke, dass du mich regierst
Womit hab ich das verdient
Ich rutsche vor dir auf den Knien

Lieber Staat, jetzt mal echt
Du bist absolut gerecht
Wer was anderes sagt, macht dich nur schlecht
Lieber Staat eigentlich wär ich garnichts ohne dich
Ich schrob dir dieses Lied
Du weißt Bescheid
Als Zeichen meiner Dankbarkeit

Lieber Staat
Ich weiß, vor dir sind alle Menschen gleich
Lieber Staat
Ganz egal ob arm ob reich

Manche sagen zwar, du wärest auf dem rechten Auge blind
Wobei die, die das behaupten alle Terroristen sind
Das lernt man bei uns schon als Kind

Danke, dass du mich regierst
Danke, dass du mich regierst
Und in Serbien einmarschierst

Lieber Staat, du bist hart
Aber nur, wenn es was nützt
Zum Beispiel, wenn du uns vor Ausländern beschützt
Lieber Staat, da sind ganz klar
Arbeitsplätze in Gefahr
Es gibt viel zu viel Ausland auf der Welt
Und die wolln eh nur unser Geld

Bevor ich es vergesse:
Eine kleine Sache nur:
Ich danke dir für deine Leitkultur

Lieber Staat, ich habs kapiert
Es ist einfach herrlich hier
Die Massen stehen jubelnd hinter dir
Lieber Staat, ohne Mist
Bleib genau so wie du bist
Ich tätowier mir deine Flagge ins Gesicht
Ich bin so schrecklich stolz auf dich

Tag 11: Kashan oder die Prinzessinen-Suite

Fail early and often. Haben wir gemacht. Aber irgendwann haben auch wir begriffen unsere Bustickets direkt nach der Ankunft zu kaufen, nämlich wenn man sowieso schon am Busbahnhof ist(lustiges Wort übrigens). Mit Hilfe eines freundlichen Mannes und eines Schalterbeamten, der auch bei der Deutschen Bahn hätte arbeiten können gelang es uns dann Tickets für die Reise von Kashan nach Teheran zu buchen.
Dann ging es mit dem Taxi des freundlichen Mannes zum Ehsan Hotel, ebenfalls einem traditionellen Hotel, das als ich es gebucht habe, genau noch ein Zimmer frei hatte: die Prinzessinen-Suite (auf dem Bild oben sind alle großen braunen Fenster unsere, das Bild unten ist vom Bett aufgenommen). Ein wunderschönes Zimmer, das wir eigentlich nicht wieder hätten verlassen dürfen und eine zauberhafte Chefin(auf die Frage nach einem empfehlenswerten Restaurant sagte sie am leckersten sei es bei ihnen).

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Wir verließen unser Zimmer doch noch und machten uns aber doch auf den Weg zum Fin Garden, der, bislang, der schönste der von uns besuchten persischen Gärten war, was vor allem daran lag, dass es eine Quelle gab und alle Kanäle mit Wasser gefüllt waren. Wunderschön und hier kam tatsächlich schon ein Gefühl von Tourismus auf. Wir waren nicht die einzigen. Auch wenn es nicht ausreichend touristisch war, als dass draußen Taxis gewartet hätten. Rosenwasser ja, auch Pfauenfedern, aber kein Taxi. Da wir nicht sofort in die Stadt zurück wollten sondern erst noch zur Ausgrabungsstelle Tepe Sialk, wo 7000 Jahre alte Siedlungen ausgebuddelt wurden, ließen wir uns auf das Angebot eines älteren Mannes ein uns mit seinem Moped dort hin zu fahren.

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Wir also zu dritt auf dem Moped, die doch recht lange Strecke… Ich vermute der Schweißfleck auf der Schulter des Mannes geht nicht so leicht raus.
Bei den Ausgrabungen war es wieder das gewohnte Bild. Wir trafen noch ein iranisches Pärchen und waren sonst allein.
Mit einem geteilten Taxi (wo ich neben einer jungen Frau saß) und welches letztlich teurer war als das nicht geteilte auf dem Hinweg fuhren wir zur Teestube im ehemaligen Hammam, einem der historischen Häuser von Kashan. Leider ist es wohl eine Ex-Teestube in einem Ex-Hammam. Aber trotzdem sehr schön, mit einem tollen Dach.
Den Rückweg fasste Pelz schön zusammen mit: Das Land mit den freundlichsten Menschen die uns bisher begegnet sind in der Welt. Ein großer Teil hat uns freundlich begrüßt, gefragt woher wir kommen usw. und das ohne uns etwas verkaufen zu wollen.
Das Abendmahl in unserem Haus war (nach dem die vierzig Isländer/innen weg waren) sehr schön, was zum einen am Essen, an der netten Gesellschaft (Helen und Dominik aus Zürich), dem tollen Innenhof und der freundlichen Bedienung lag. Wir hatten uns doch dagegen entschieden im Zimmer zu essen. 😉

Tag 12: Matin Abad oder wenn wir in die Wüste fahren, dann regnet es oder Es stört mich nicht zuzusehen aber ich möchte nicht mitmachen.

Den Morgen in Kashan wollten wir nutzen um uns noch eines der historischen Häuser anzusehen. Also losgelaufen, im aufkommenden Sturm in kleinen Gassen verlaufen, von einem hinter uns laufenden alten Mann wohlmeinend auf den rechten Weg gebracht gelangten wir zu einem der schönsten alten Häuser:das Tabatabei-Haus. Eine Gruppe von Frauen aus Teheran lüftet für die Photos mit uns ihren Hijab und bat uns auch drunter zu schreiben, dass es sich um iranische Frauen handelt. Da die Bilder auf der anderen Kamera sind, werden sie wohl nachgereicht. Sehr sympathisch.
Dann kam der Regen, was man eben so erwartet wenn man in die Wüste fährt. Der Regen hatte zur Folge, dass unsere Wäsche die wir im Hotel abgegeben hatten wieder nass und scheinbar auch wieder dreckig war. Daher hingen wir noch ein bisschen im Hof herum und plauschten sehr nett mit einem älteren irischen Pärchen. Die leisteten einen lustigen Beitrag zu unseren Farsi-Kenntnissen: negah kardanesh eshkal nadare, vali tarjih midam daresh sherkat nakonam. I don’t mind watching, but I’d prefer not to participate. Lonely Planet Farsi made my day.
Auf der Suche nach dem Supermarkt landete ich bei einem knuffigen alten Mann, der sich sehr über mich gefreut hat und versucht hat rauszubekommen ob wir mit dem Motorrad unterwegs sind. Nachdem klar war, dass das mit der Wäsche nix mehr wird haben wir vereinbart, dass sie die Wäsche nach Abyaneh schicken wo wir am Freitag sind.
Also auf in die Wüste zum Ecocamp. Der Fahrer vom Busbahnhof hatte keine Zeit und schickte uns seinen Kumpel. Der sprach zwar kein Englisch, aber er gab uns noch etwas leckeres zum Essen zum Abschied.
In Matin Abad schien es erstmal als wären wir, die Betreiber (ohne innen) und die Kamele unter uns. Es stießen aber noch einige Teheranis für das Wochenende hinzu. So kehrte dann auch in die übrigen Zelte Leben ein. Da die Betreiber nur Farsi sprechen habe ich mein Google Translate genutzt um mich verständlich zu machen.
Das hat den einen Mitarbeiter begeistert, so dass ich probiert habe Google Translate auf seinem Handy zu installieren. Dabei stieß ich dann auf die zwei Probleme des Irans: das Embargo und die Zensur der eigenen Regierung. Ersteres hält Google davon ab die Translate App für den Iran zur Verfügung zu stellen. Letzteres sperrt alle Seiten zu proxy-Apps.
So liegen wir also in unserem Zelt, beeindruckt vom Sternenhimmel, das Kamel blökt und ich versuche doch noch an die Sprachpakete zu gelangen.
Ach einen schönen Ausflug zu den Dünen gab es auch noch.
So zelten ist übrigens ganz angenehm.

Tag 13: Matin Abad oder schmeiß die Möbel aus dem Zelt, wir brauchen Platz zum dancen oder fast verheiratet

Der eigentliche Plan Fahrrad zu fahren wurde wegen des sandigen Untergrunds zu den Akten gelegt. Statt dessen fuhren wir mit zwei Quads durch die Gegend. War gut, aber mit ausgeschaltetem Motor war es eigentlich schöner. Zu dem Schloss kamen wir so nicht.
Dann hab ich mein Karma bezüglich der nachfolgenden Tourist/-innen wieder ausgeglichen. Das was ich bisher durch zu weniges verhandeln versaut habe, hab ich durch das Installieren von Google Translate trotz Embargo und Zensur wieder wett gemacht. Dafür sind wir noch zu ihm gefahren, wo ich seine knuffige kleine Tochter kennengelernt habe.
Zum Dank gab es frischen Salat und ein Getränk dessen Name mir unbekannt ist, dass aber voll gesund sein soll.
Nach einer Weile haben wir uns doch noch aufgerafft zur großen Düne zu gehen, wo viele der insgesamt 150 Iraner/-innen auch waren. Sport: mit dem Auto die Düne runterrutschen. Nachdem wir mit ein paar ins Gespräch kamen, wurden wir gleich eingeladen zum Rest der Gruppe dazuzukommen und natürlich auch zum Tee trinken. Wir waren die einzigen Ausländer und die Frauen hatten fast alle ihre Hijabs abgelegt. In dem Fall war also hinter der Düne die eigenen vier Wände.
Sogleich wurden wir um Vergleiche der Schönheit der anwesenden Schwestern und Schwägerinnen gebeten (wobei es schwierig war, da eine deutlich jünger und schöner war) . Sagen wir, wir verhielten uns ähnlich diplomatisch wie beim immer wieder geforderten Vergleich iranischer Städte. (Dort ist der Trick meist zu sagen, dass einem alle Städte aus den verschiedensten Gründen gefallen, die wo man gerade ist, aber am schönsten ist.)
Auf dem Nachhauseweg zum Zeltlager nahm sich ein kleines Mädchen meine Hand und lief im Schein meiner Lampe. Irgendwann blieb sie stehen, guckte mich an und sagte: Ich habe Hunger (in Farsi). Zu ihrem Glück gehört Iran zu den Ländern wo man Waffeln oder Kaugummi als Wechselgeld erhält und die umstehenden Erwachsenen übersetzten ins Englische. So konnte ich sie vor dem Hungertod in der Wüste bewahren. Außerdem bekamen wir erneut Alkohol angeboten. Wohl das iranische Nationalgetränk.
Nach einem schönen Spaziergang durch die sternenklare Nacht (ganz ganz viele Sterne) gab es Abendbrot. Diesmal nicht nur Pelz und ich sondern auch die 150 anderen.
Inzwischen hatten wir mehrere Einladungen den Abend zu verbringen und die Ankündigung, dass es eine kurze Nacht werde.
Pelz hatte keine Lust mehr, so dass ich mich allein auf den Weg machte. Auf diesem begegnete mir vor der Teestube (wo mutmaßlich getanzt wurde) die schönste der Schwestern, die mich einlud zur Geburtstagsfeier ihres Bruders.
Nachdem wir auf dem Weg von der Düne zum Zeltlager schon einige Fragen geklärt haben, kamen wir schnell zu den wichtigen Dingen: warum ich mit 34 immer noch Single bin und wie denn die richtige Frau sein müsste. Dabei stellte sich heraus das die junge, wunderhübsche Architekturstudentin gemäß Selbstauskunft scheinbar alle Anforderungen erfüllt und das mein geplanter USA Trip ihrer Ansicht nach ideal für eine Hochzeitsreise wäre. Ihre Schwester stellt dann aber die wichtigen Fragen (mein Einkommen, mein Sparverhalten). Das Ergebnis ihrer Einschätzung weiß ich jedoch nicht. Man darf gespannt sein. Bilder auf Anfrage (wobei der Großteil auf der guten Kamera ist).
So lange ging die Party übrigens nicht, um eins war ich im Schlafsack.

Tag 14: Abyaneh oder Picknick am Wegesrand oder Es gibt Reis Baby!

Nach dem Abschied von den Teheranis (und der hübschen angehenden Architektin) rasten wir (ihnen folgend) nach Abyaneh. Leider sind sie uns dort nicht wieder begegnet, da sie in der schieren Masse der am Wegesrand picknickenden untergingen. Die Iraner/innen könnten zu Recht die ganze Zeit Fanta 4 mit „Ich bin der Picknicker“ aus ihren Autos laufen lassen. Wirklich sehr gut vorbereitet, mit Teppichen, Gaskocher usw. Zwei Jungs luden uns ein zu ein paar Chickenwings, frisch vom Grill. Sehr lecker!
Insofern haben wir alleine das wunderschöne Dorf erkunden müssen (Lonely Planet: Pop.:a few old ladies), viel schöner waren jedoch die Berge und Ruinen drumherum, wo wir dann fröhlich rumkraxelten und auf unseren ersten See im Iran stießen. Dort war es wirklich zauberhaft, die anderen Tourist/innen kamen nicht so weit, so dass es Einsamkeit mit Ausblick und kaltem klarem Wasser gab. Beine im See baumeln lassen. Daneben ein Schilfrohrdickicht, wunderbar friedlich und dennoch ganz nah an Unmengen von Touris (meist Teheranis). Dann weiter Rauf auf den Berg für Panoramablick und -bilder.
An Wasserläufen entlang ging es zurück zum Dorf, noch ein kurzer Plausch mit einem ehemaligen Siemens-Mitarbeiter und dann waren wir auch wieder in Abyaneh Downtown.
Abends gab es überraschenderweise Reis mit Huhn oder Lamm oder Auberginen. Yeah!
Was den Service im Restaurant angeht, fühlt man sich häufig wie in Brandenburg: draußen nur Kännchen. Naja stimmt nicht ganz, sie würden vermutlich alles möglich machen, aber sie machen es nicht unbedingt von sich aus hübsch oder schnell. (Ganz im Gegensatz zur zuvorkommenden Art außerhalb der Gastronomie.)

Dem liebenswerten älteren Paar aus Irland, was uns in Kashan erzählt hat Abyaneh kann man auslassen, sei abschließend gesagt:gebt Abyaneh nochmal eine Chance, wenn es nicht regnet. Es ist wunderschön.

Tag 15: Tabriz oder für dich habe ich heute leider kein Photo.

Der Sonnabend bestand weitestgehend aus Taxi fahren Bus fahren, auf das Flugzeug warten und nach Tabriz fliegen, die Stadt in der Helga Deppe geboren wurde. (Eine Integrationspädagogin die zeitgleich den Iran bereist aber in umgekehrter Richtung.) Das Spannendste war, dass neben der Frage ob unser Flugzeug das Ziel erreicht, die Taxifahrt, da wir dort an der gut bewachten Nuklearforschungsanlage vorbeikamen (Photos unerwünscht). In Tabriz trafen wir Nasser Kahn vom Tourismusbüro, der nicht zu Unrecht als sehr hilfreich beschrieben wird. Er organisierte für uns einen Fahrer, das Hotel in Kandovan und da unser Couchsurfing host abgesagt hatte auch noch eines in Tabriz.
Im Hotel begegneten wir einem pensionierten Geschichtslehrer, der von Hannover aus mit dem Zug unterwegs war, um all die Stätten zu sehen, von denen er seinen Schüler/innen immer erzählt hat. Auch er war bei Nasser Khan gewesen, der ihm lustigerweise gesagt hat, das er nicht so viel Zeit auf Tabriz verwenden soll. Eine Empfehlung die wir nicht zum ersten Mal hörten.

Tag 16: Orumiyeh-See oder Salz auf unserer Haut oder wie wir die Regierung stürzten ähh stützten

Den Morgen nutzten wir um uns einige Sehenswürdigkeiten in Tabriz anzusehen, die schön aber nicht umwerfend waren. Auf dem Basar kauften wir immer noch keinen Teppich, auch wenn wir dank der neuen Picknickexpertise wenigstens eine Verwendung dafür hätten. Was wirklich angenehm ist (auf allen Basaren): man wird nicht angeschrien und generell sind die Verkäufer sehr zurückhaltend (Verkäuferinnen noch mehr) und sie sind nicht beleidigt wenn man nicht Honig kaufen will.
Dann machten wir uns auf den Weg zum Orumiyeh-See. Ein Binnensee der ungefähr sechsmal so groß ist wie der Bodensee. Mit 38% ist sein Salzgehalt mittlerweile höher als der des Toten Meeres. Da das zulaufende Wasser für die Landwirtschaft abgezweigt wird schrumpft der See beträchtlich und der Salzgehalt steigt weiter.
Natürlich konnten wir uns nicht aufs Angucken und Photographieren beschränken sondern sind auch kurz Baden gegangen. Vermutlich zur Irritation der vorbeifahrenden Iraner/innen. Ein Paddel wäre super gewesen. Ein Boot dazu war nicht nötig.

Dann ratzfatz nach Kandovan zum International Laleh Rock Hotel. Da stellte sich gestern heraus, dass es vom Staat betrieben wird. Es ist nichtsdestotrotz eines der beeindruckendsten Hotels in denen ich bisher war. Es besteht, wie auch das Dorf Kandovan, vollständig aus Zimmern, die in den Tuffstein gebaut worden sind.
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Zusätzlich noch ein Jacuzzi. Schon toll. Die Internetverbindung ist hier allerdings lahm, daher wird der Beitrag wohl später erscheinen. Am Wochenende soll hier ähnlich wie in Abyaneh der Bär steppen. Heute abend waren wir die einzigen im Restaurant und die Leute im Dorf wirkten teilweise als würden sie denken: jetzt ooch noch unter da Woche. Aber der Rest war sehr freundlich. Zum Thema brummelig guckende Leute:
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Khomeini und Khamenei sind meist zusammen zu sehen, aber Khomeini guckt immer brummelig und Khamenei immer freundlich und gütig. Nach Aussage unseres Fahrers spiegelt das jedoch nicht die Beliebtheit in der Bevölkerung wieder.

Tag 17: Jolfa oder Unbekanntes Pferd lauf heim oder Waiting for my man

Bei einem morgendlichen Ausflug auf einen Berg in Kandovan mit sehr schöner Aussicht stellte ich fest, dass die Iranische Schulverwaltung augenscheinlich genausolche Pragmatiker sind wie die Brandenburger. Auch wenn sie Koedukation (bzw. Jül) ablehnen setzen sie sie in abgelegenen Regionen dann doch um. Um nicht zu sagen, unglaubliche Zustände herrschen hier im Bergdorf. (Im Gespräch mit einem Lehrer stellte sich heraus, dass dies nur für die 5 Grundschuljahre geht und dass Schülerinnen z.T. genauso frech sind, wie bei uns)
Dann fuhren wir nach Jolfa, einer Grenzstadt zu Aserbaidschan. Dabei lernten wir verschiedene Tricks:
Wenn es ein Embargo gegen Dein Land gibt, dann richte eine Freihandelszone an den Rändern ein. Dort gilt das Ganze dann nicht. So sind wir jetzt in der zweiten von 5 Freihandelszonen.
Wenn Du im Iran eigentlich zwei Jahre zum Militär musst, lautet die Alternative 15000€ an den entsprechenden Beamten zahlen und auf das Beste hoffen.
Wenn Du im Iran entspannt surfen möchtest, nimm Aserbaidschanische UMTS Sticks. Schnell und ungefiltert.
Wenn Du im Iran Alkohol brauchst, dann fahre in ein entlegenes Bergdorf, warte lange und kaufe selbstgebrannten Rosinenschnaps vom Kollegen (Arag).
Wenn Dich langes Warten und jeweils 2 Sekunden angespielte Musik im Autoradio fertig machen, trinke Rosinenschnaps und alles wird gut. (Was sind schon 80 Peitschenhiebe?)

Ansonsten setzten wir unsere Weltkulturerbe-Tour fort und besuchten im malerischen Aras-Tal das St. Stephanos Kloster, das von 62 n. Ch. stammt. Leider hab ich den Reiseführer in Kandovan vergessen, so dass ich nicht mehr weiß warum das so abgelegen ist.
Auf dem Weg vom Kloster zum Aras Staudamm begegneten wir weiteren Wildpferden, die im aserbaidschanischen Niemandsland auf der anderen Seite des Aras Flusses grasten.
Ein wunderschöner Weg zu einem beeindruckenden Staudamm.
Mehr Bilder gibt es wenn wir wieder vernünftiges Internet haben.

Tag 18: Aras-Tal, Kaleybar oder Stranger than paradise

Wie vom Lonely Planet versprochen ist die Fahrt durch das Aras-Tal wirklich schön. Mit den Zwischenstops beim verlassenen Hammam, der verfallenen Sommerresidenz von Abbas und in dem kleinen Bergdorf Ustabin (erneut mit farbenfrohen Verhüllungen der Frauen) war es darüber hinaus auch sehr abwechslungsreich.
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Ziel unseres Trips war die Kleinstadt Kaleybar. Entgegen der Ankündigung, dass wir frieren werden, war es hier sehr warm. Aber es hat ja auch schon in Kashan geregnet.

Das Hotel Paradise, was uns empfohlen wurde, gleicht dem BER. Es ist fast fertig. Im einen Zimmer gab es gar kein Wasser, in dem anderen ging die Klotür nicht zu (es war auch kein Schloss oder Riegel vorhanden). Der Balkon war noch nicht fertig, das Licht war wie zu Hause (Glühbirne ohne Schirm). Insgesamt wirkte das Zimmer schon wieder sehr abgewohnt obwohl es noch nicht fertig war. Naja, wenn so das Paradies ist, dann bin ich froh, dass ich, als Ungläubiger, da nicht hin muss.

Am Nachmittag bin ich dann noch mit drei jungen Männern herumgefahren: ein Couchsurfer, der wieder bei seinen Eltern wohnt und daher nicht mehr hosten kann und zwei Kumpel, die beide als Lehrer arbeiten.
Der eine unterrichtet English an 5 Schulen und verdient 300 € im Monat. Der Gehaltszuwachs liegt pro Jahr bei 20%. Die Inflation bei 40%.
Kein Wunder, dass er mir ein Trüffel-Import-Export-Busines vorschlug.
Teetrinken. Rumfahren. Sich gegen Schwimmen entscheiden, da der groß angekündigte Damm doch eher ein dreckiger kleiner See mit kleinen Schlangen ist.

Tag 19: Babak Castle und das Kaspische Meer oder ein weiterer Ausruhtag fällt ins Wasser oder über den Wolken…

Nach der Nacht im Paradies machten wir uns früh auf den Weg zum Babak Castle auf dem Berg der 1000 Eidechsen. Eine alte Räuberburg auf der Spitze eines Berges, mit passender Robin Hood Story und wunderschönem Ausblick. Ein schöner Start in den Tag sowohl in den Augen des Reiseteilnehmers als auch der Reiseleitung ein Highlight.
Unser Fahrer hat uns darauf hingewiesen, dass ein weiterer Tag in Kaleybar (als Ausruhtag eingeplant) Verschwendung sei und wir doch lieber weiter fahren sollen.
Gesagt, getan. Auf nach Ardabil und Astara und dann weiter in einen Vorort, wo wir nun übernachten. Auf dem Weg kamen wir an die Stelle, wo die Wolken auf die Berge treffen und dafür sorgen, dass der Norden des Landes grün ist. So standen wir über den Wolken und verabschiedeten uns von der trockenen Luft des iranischen Hochlands.
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Im Laufe der Fahrt stellte sich heraus, warum unser Fahrer so gut Englisch spricht. Er ist Bau-Ingenieur und da Iran ein massives Problem mit Arbeitslosigkeit hat, arbeitet er als Fahrer. Er konnte uns dann auch das Rätsel der unfertigen Baustellen erklären. Wobei es sich bereits mit den Informationen des vorigen Beitrags erklärt: die Ursache ist die Inflation. Wenn ein Handwerker sagt, dass Haus wird 10 Millionen kosten und am nächsten Tag erklärt er, dass es 20 kosten wird, dann wird relativ schnell klar warum das Land so aussieht.
Bei unserer Gastfamilie angelangt wurden wir von Vater und Sohn begrüßt und absolvierten dann erstmal direkt unser Pflichtschwimmen im Kaspischen Meer. Bisschen dreckig und nicht so warm wie der Persische Golf.
Beim Einkauf des Abendessens (Kebab vom Lamm) für unsere Couchsurfing-Familie erfuhren wir, dass es im selben Laden auch Schafkopf gibt, welcher morgens zum Frühstück vertilgt wird. Leider haben wir es versäumt die unzähligen Schafsköpfe zu fotografieren (da hat man einmal die Kamera nicht dabei…).

Tag 20: Laton-Wasserfall und Bandar Anzali oder 101 Sheep oder nackt baden gehen

Wir begannen Tag 20 mit der Umsetzung des Nachts zuvor gefassten Plans: zum Frühstück gibt es Schafskopf.
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Sonderlich lecker war es nicht. Später wurde uns erklärt, dass wir viel zu spät dran sind, die richtige Zeit für das Frühstück wäre zwischen 5 und 6. Nun ja. Das Lokal zierte übrigens ein leicht zynisch anmutendes Bild einer jungen Frau mit einem Lamm auf dem Schoß.
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Unseren gewonnenen Tag wollten wir mit einem Ausflug zu dem Laton-Wasserfall verbringen, wie unser Host in Jolfa uns empfohlen hatte. Es gab unterschiedliche Angaben zur Dauer (2-6h). Am Ende der Straße angekommen wussten wir mangels Ausschilderung nicht weiter. Im Forum wurde ein Guide empfohlen oder der nicht mehr herunterladbare GPS-Track. Da nicht klar war, wie klein die Wege in dem Wald werden würden und wir keinen Plan hatten, wo wir hin mussten, entschieden wir uns doch für einen Guide. Einziges Problem: es gab nur einen übergewichtigen jungen Mann, der meinte, dass es viel zu weit sei zum Laufen und wir mit dem Motorrad fahren müssten. Tja. Gab niemand sonst.
Verunsichert wie wir waren willigten wir ein.
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Nach einiger Zeit erreichten wir ein Basislager, wo wir auf eine Wandergruppe trafen. Da diese aber erst zwei Stunden später los wollten, schlugen wir das Angebot doch aus, obgleich sie viel sympathischer waren. Eine weitere Gruppe überholten wir und uns überkam ein ungewohntes Gefühl der Platzangst, wir waren nicht allein.
Als wir dann die Motorräder zurückließen und anfingen loszulaufen, stellte sich dann doch schnell ein Gefühl der Begeisterung ein. Ein zauberhafter Wald mit rundum bemoosten Bäumen, Sonne und kleine Bäche über den Weg. An dessen Ende befand sich der Fuß des Wasserfalls. Da wir noch nicht ausgelastet waren, haben wir versucht zu erklären, dass wir gerne noch oben wollen. Der sportliche unser beiden Begleiter nahm sich unseres Wunsches an und führte uns zur Spitze. Da hatten wir dann endlich unser gewohntes Bild: wir waren allein. Ein paar Sprünge von Stein zu Stein später erreichten wir einen der angekündigten natürlichen Pools, den wir nutzten um nacktbaden im Iran von unserer Liste streichen zu können.
Auf dem Weg zurück trafen wir im Basislager wieder auf die sympathische Gruppe von vorher, die immer noch nicht losgegangen war und auf eine Kolonne von 20 Jeeps, die scheinbar auch einen Ausflug ins Grüne machten.
Die im Reiseführer als öde beschriebene Strecke an der Küste stellte sich tatsächlich als öde heraus. Da wir aber keinen Jeep hatten, blieb uns die Alternative durch die Berge verwehrt. Wir besuchten in die Hafenstadt Bandar Anzali, fuhren über die Süßwasserlagune und trafen am Pier auf einen Österreicher.
Ein Stuttgarter Taxifahrer, der aus dem Iran stammt, hat ihm 3 Dinge ans Herz gelegt, die zu vermeiden sind: Alkohol, Politik und Frauen.
Die Erfahrung der letzten Wochen zeigt: man achte einfach nur auf den Rahmen.

Tag 21: Fuman und Masuleh oder City of Cookies oder Wir sind Helden oder die Geschichte von Emmy

Das Wichtigste von Fuman ist schnell berichtet: Walnusskekse frisch aus dem Ofen. Noch warm. Superlecker. (Wenn ich Keksbäckerin auf der Sonnenseite der Straße wäre, dann würde mich das Tuch noch mehr ankotzen.)
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Direkt im Anschluss ging es weiter nach Masuleh, dem letzten der pittoresken Bergdörfer auf unserer Liste. Wir reihten uns ein in die Schlange von Autos, die in das Tal hinaufkroch. Dank unserer Erfahrungen aus Abyaneh ließen wir uns nicht verschrecken. Zu erst organisierten wir unser Hotel mit Terrasse und Blick über das Dorf. Leichter Gasgeruch von den Propangasflaschen. Dafür mehr Betten als bisher auf unserer Reise bei geringerem Preis.
Der Österreicher vom Vorabend hatte uns empfohlen einfach der Straße aus dem Ort hinaus zu folgen. Haben wir dann auch gemacht. Wir sind bis zur Regionsgrenze gewandert, wie zu erwarten an einigen Picknickenden vorbei. Oben angekommen trafen wir erfreulicherweise nicht nur auf einen Esel sondern auch auf eine Wandergruppe, die zwar kein Englisch sprach, aber uns auf einem alten Pfad mit hinab in das Dorf nahm. Wunderschön, aber eben nicht ausgeschildert.
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Auf dem Weg ins Dorf sprach uns noch ein alter Mann an, ob wir denn schon bei dem Schloss im Nachbartal gewesen sein? Wenn nicht, so müssten wir dort unbedingt hin!
Zurück im Hotel lernte ich auf der Terrasse Luis aus Belgien und Emmy aus der Türkei kennen. Wenige Minuten später stellte sich heraus, dass Emmy nicht Emmy heißt und auch nicht aus der Türkei stammt sondern aus dem Iran. Da sie aber sonst nicht einfach so mit Luis hätte verreisen können (um ein Hotelzimmer zu bekommen muss man die Pässe abgeben, ihre Ausrede war, dass sie mit ihrem das Auto gemietet haben) , entschied sie sich dazu zu sagen, dass sie aus der Türkei kommt.
Das machte doch noch mal deutlich, dass unabhängig von den freundlichsten Menschen und der schönen Natur, das Land doch ein massives Problem hat.
Sie relativierte auch ein wenig die Einschätzung zu den eigenen vier Wänden, da beispielsweise ihr Vermieter gesagt hat, dass Besuch angemeldet werden muss und Männer außer Bruder oder Vater tabu sind. Nur weil sie den Portier bestochen hat und nette Nachbarn hat, konnte Luis überhaupt bei ihr übernachten.
Wir waren dann noch Essen mit den beiden, was sehr nett war, aber Mentalitätsunterschiede aufzeigte. Ausgangspunkt war die Frage des Umgangs mit Geld (und später auch Zeit). Wofür gebe ich Geld aus, was mache ich mit meiner Zeit, welche Möglichkeiten verbaue ich mir ggf. wenn ich immer das Geld zum Ausgangspunkt nehme. (Ich sag mal Prinzessinen-Suite.)
Luis aggressiver Verhandlungstil hatte zum Effekt, dass sich die Einheimischen in Farsi darüber unterhielten, was Emmy natürlich alles mitbekam. Schwierig!
Bei einem nächtlichen Spaziergang durch das Dorf konnte man beobachten, wie die Wochenendbesucher/innen langsam das Dorf verließen und Ruhe einkehrte.

Tag 22: Masuleh, Qua’leh Rudkan und Khoone Geli oder Lesbische schwarze Behinderte

Der Morgen danach: wundervoll friedlich liegt das Dorf in der aufgehenden Sonne. Weit und breit keine Tourist/innen mehr. Zeit um ein paar Bilder zu machen und in der Sonne auf dem Stein beim Wasserfall zu sitzen.
Da Emmy die Worte des alten Mannes bestätigt hatte, nahmen wir uns seiner Empfehlung an, verabschiedeten uns von Emmy und Luis (die beide einzeln erklärten, dass sie gerne mit uns kommen würden, aber weit vom Losfahren entfernt waren) und fuhren in das Nachbartal um die Burg zu inspizieren. Unser Fahrer hatte uns auf 3h Aufstieg vorbereitet. Der Weg war steil, aber nach einer dreiviertel Stunde waren wir oben. Auch diese Burg war sehr schön, wenngleich vermutlich schwieriger zu verteidigen, da sie mitten im Wald lag.
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Wir machten uns auf den Rückweg und trafen erst Luis und dann Emmy. Letztere nahmen wir dann mit bis Rasht, von wo aus sie nach Hause fuhr. Zurück in ihr altes Leben als Iranerin.
Überraschung des Tages war jedoch ein anderer Reisender, den wir getroffen haben: ein schwarzer, schwuler Gynäkologe aus den USA, der auch noch für die Regierung arbeitet (die US-Regierung) . Nicht unbedingt, was man erwartet im Iran und mit Sicherheit ein Spion (Randnotiz aus gegebenem Anlass : ein Scherz) . 🙂 Wir haben sehr viel Spaß gehabt.
Bei unserer Weiterfahrt nach Khoone Geli trafen zwei Strategien auf einander: anhalten und fragen vs. GPS Navigation. Google Maps siegte. Was auch daran lag, dass es sich um einen eher unbekannten Ort handelte und ich vorher nochmal gefragt hatte ob die GPS-Koordinaten richtig sind. Wir landeten auf einer Bio-Orangenfarm zwischen Meer und Bergen. Ein Lehmhaus im traditionellen Stil, wunderschön gestaltet. Mit Baumhaus und duftenden Blumen und frischen Orangen, den leckersten, die ich im Iran gegessen habe. Das lässt sich auch auf die übrigen Mahlzeiten übertragen. Regionale, ökologische Küche und es war gut, dass es unser letzter Stopp auf der Reise war und nicht unser erster, denn sonst wären die Berge von Reis und Kebab nur schwer zu ertragen gewesen.
Es folgte ein kurzer Ausflug, gemeinsam mit einem Arzt aus Indien und seinem Guide, zu einer Töpferfamilie, die immer noch ganz traditionell arbeitet. Sehr interessant, aber auch ein hartes Leben. Der dort erworbene Krug hat den Rücktransport leider nicht überlebt.
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In Khoone Geli gab es auch wieder Teppiche, die so aussahen, dass ich mir vorstellen könnte sie in meine Wohnung zu legen. Ebenfalls aus der Region und in den Teppichläden der großen Städte nicht erhältlich. Könnte man gut im Prenzlauer Berg verkaufen. Vielleicht zusammen mit den Trüffeln. 🙂

Tag 23: Khoone Geli und zurück nach Teheran oder Walk Idiot Walk und Rückblick

Unseren letzten Tag wollten wir noch mit einer schönen Wanderung abschließen, Ziel war ein Ort, der einem einen 360 Grad Ausblick auf Berge und Meer bietet. Auf Grund der Wetterverhältnisse war klar, dass wir uns vom Meerblick würden verabschieden müssen, aber die Hoffnung auf die Berge hatten wir noch nicht aufgegeben.

Einen steilen Aufstieg im Beles Kuh Naturschutzgebiet über 1100 Höhenmeter später (ein entspannter letzter Tag), durch einen Buchenwald, der auch in Deutschland sein könnte, war klar, dass auch das nichts werden würde. Trotzdem ein toller Ausflug, mit tollen Gesprächen (Farzin hat lange Zeit in England gelebt, als Arzt gearbeitet und hat viel zu erzählen) , frischem Quellwasser, der Lust auf mehr gemacht hat.
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Auf dem Rückweg begegnet uns eine Schlange, aber keine giftige. Die kommen immer erst gegen 14 Uhr heraus, wenn die Postämter geschlossen haben (ein statistischer Zusammenhang ist noch lange keine Kausalität).
Farzin bietet auch mehrtägige Touren von dort zum Alamuttal an. Insofern werde ich wohl dann im Herbst 2015 oder so nochmal hinfahren. Wenn auch das andere Obst reif ist. Ich muss sowieso schon zurückkehren, weil ich die Rodelbahn verpasst habe (wenn auch nur knapp, blöd das Facebook gesperrt ist dort). Achso und um die Bären zu bewundern, die, wie Farzin ankündigte, auf dem Weg nach Teheran zu beobachten sind.

Die sechsstündige Fahrt zurück durch das zentrale Alborzgebirge war sehr beeindruckend, da es zu weiten Teilen durch enge Schluchten ging und der Wechsel vom feuchten Norden zum trockenen Hochland ähnlich deutlich war, wie zuvor zwischen Ardabil und Astara. Dann noch ein paar Stunden am Flughafen rumhängen.

Nach über 13000 zurückgelegten Kilometern ist es Zeit für einen allgemeinen Rückblick:
Der Iran ist ein beeindruckendes Land, was neben den historischen und kulturellen Highlights auch an der vielfältigen Natur liegt, aber vor allem an den unglaublich freundlichen Menschen.
Es mag sein, dass sie eine verrückte Regierung haben (verrückter als andere), mit der sind aber auch viele der Menschen, die wir trafen, nicht glücklich. Diese suchen sich Freiräume, in denen sie die Vorgaben umgehen, gleichwohl bleiben die Regeln absurd und in weiten Teilen menschenfeindlich. Die Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens für all jene deren Bedürfnisse sich nicht mit denen der Regierung decken, wird wohl der Knackpunkt werden.

Interessant wird sein, wie sich das in den kommenden Jahren/Jahrzehnten entwickelt, wenn die jetzige junge Generation die Mehrheit stellt. Emmy merkte dazu an, dass die Söhne der jetzigen Mächtigen, aber genauso denken und daher wohl einfach die Macht weitervererbt würde auf junge Menschen, die genauso drauf sind wie die derzeitigen. Von daher wird es wohl nicht ohne Revolution abgehen.

Ein weiteres Problem des Landes ist der Umgang mit der Natur. In einem Land wo früher Dinge einfach in Seide eingepackt wurden ist der Umgang mit dem Müll eines der offensichtlichsten Probleme. Das betrifft sowohl die Entsorgung im kleinen (wegwerfen von Plastik in der Natur) als auch die Entsorgung von gesammeltem Müll (Abholzen eines Waldstücks um dort Müll zu deponieren). Unter diesem Gesichtspunkt bereitet auch ein ziviles Atomprogramm weitere Sorgenfalten. Aber auch der versalzende Orumiyeh-See verdeutlicht den geringen Stellenwert von Umweltfragen für die Regierung.

Postkarten sind übrigens nicht nur schwierig zu erwerben sondern noch schwieriger zu verschicken. Posträmter sind meist geschlossen und nicht jedes Postant ist in der Lage Postkarten nach Europa zu schicken und wenn dann wird es absurd teuer. Room for improvement!

Insgesamt ein Land, dass ich dennoch uneingeschränkt für Individualreisen empfehlen kann. Ich habe mich immer sicher und willkommen gefühlt, wie nirgends zuvor.
Couchsurfing oder anderweitig verabredetes Reisen mit Einheimischen würde ich dabei großen Hotels und Gruppenreisen immer den Vorzug geben.

Achso: nächstes Jahr Nordkorea? 🙂